Abstecher nach Chile

28 Oktober 2013

Ollagüe bis 15 Kilometer vor Estacion San Pedro 13.10.2013
Mit dem ersten Licht standen wir wieder ganz leise auf, schnell die Sachen zusammengesucht, rausgeschaut, ob uns auch keiner sieht und weg waren wir. Heute erwartete uns die Pampa, dazu ein paar saftige Anstiege und auch hier Kälte. Nach 67 Kilometern machten wir in einer Bushaltestelle eines Dorfes Pause. Danach starker Gegenwind mit Sandwirbeln, einem weiteren Anstieg, der nur mit schieben der Räder zu bewältigen war und einem Dorf, was zwar in unseren Karten existierte, aber nicht in der Realität. Nach 103 Kilometern war „der Ofen“ endgültig aus, wir konnten nicht mehr. Rechts von uns eine Grube mit Vulkangestein, dort beschlossen wir, die Zelte aufzustellen. Nicht so einfach bei dem Wind und die Zeltheringe ließen sich auch nicht in den Boden klopfen. Waldemar holte sich blutige Finger. Nach einer gefühlten Ewigkeit stand unser „Haus“ endlich. Nur schnell rein und den Wind draußen lassen.

15 Kilometer vor Estacion San Pedro nach Calama 14.10.2013
6:30 Uhr war die Nacht vorbei, sehr schnell waren wir fertig und konnten starten. Auf und ab, dann wieder steil hoch. Ein Bauarbeiter sagte mir, das wäre der letzte Anstieg, danach ginge es nur noch runter. Er hatte recht und wir genossen das schnelle Vorwärtskommen auf dem Asphalt sehr. Die Pampa auch heute um uns herum, doch zwei Dörfer mit einigen Bäumen auch, lange hatten wir kein Grün mehr gesehen. In Chile gibt es auch Salare, die wir rechts liegen ließen. Vor 12 Uhr und nach gefahrenen 95 Kilometern rollten wir in Calama ein. Die Vorstadt mit vielen Werbeschildern westlicher Konzerne, dann weiter ins Zentrum. Chile expandiert wohl mächtig, in der Stadt sah fast so aus wie in Europa. Wir quartierten uns in der Residencia Continental Nuevo ein, mit Patio und im Vergleich zu anderen Hostals zu einem vernünftigen Preis. Hier werden wir auf jeden Fall ein paar Tage verschnaufen, bevor es wieder über die Anden rüber nach Argentinien geht. 5 Tage Erholung in Calama waren bitter nötig und wir gönnten uns diese Pause. Unser Lieblingsort war der Mega Supermarkt Jumbo mit allen Dingen, die unsere Herzen begehrten. Wir kamen aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Schwarzbrot, rote Grütze, Schwartau Konfitüre, Spreewald Gurken, nur um einige Artikel zu nennen, die wir seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen hatten, natürlich zu saftige Preisen! Wir hielten uns an die Lokalartikel, die auch nicht zu verachten waren. Auch ein Selbstbedienungsrestaurant existierte, wo wir dreimal einkehrten und es uns schmecken ließen. Ansonsten mussten wir darüber nachdenken, wo wir Dollar auftreiben konnten, was gar nicht so einfach war. Doch bei der Banco Estado wurden wir fündig, so dass wir viele Chilenos tauschen konnten. In unserer Residencia fühlten wir uns pudelwohl, den Patio nutzten wir ausgiebig und die Wärme tat so gut. Eine Bäckerei existierende auch um die Ecke, der Eisladen auch nicht weit entfernt, herrlich! Waldemar konnte diverse elektrische Geräte reparieren lassen, der Mitarbeiter im Elektroladen hatte echt einen Plan und wir waren heilfroh.

Calama nach San Pedro de Atacama 20.10.2013
Schade, die Zeit in Calama war schon wieder vorbei. Sonntagmorgen um 6:00 Uhr, wir hatten nicht bedacht, das in Chile die Uhr nochmal eine Stunde voraus war, setzten wir uns im Stockdunklen auf die Räder und begaben uns auf die Carretera 23 in Richtung San Pedro de Atacama. Wider Erwarten blies der Wind von vorne, ätzend. Lausekalt war es und es ging stetig bergan, den lieben langen Tag. Wieder nur Pampa um uns herum, zum Glück drehte später der Wind. Irgendwann ging es auch für rund 20 Kilometer abwärts, nur danach kam wieder ein fieser Anstieg und diese haben es in Chile echt in sich. Nach gut 100 Kilometern tauchte dann San Pedro de Atacama vor uns auf. Grün und wohl ein ziemlicher Touristenmagnet, was uns aber nicht weiter störte. Wir fanden auch hier eine schöne Unterkunft für einen Spezialpreis, sogar mit Küchenbenutzung. Dort nur Locals, wunderbar. Später schauten wir uns den Ort an, die Kirche wohl ein Highlight. Bei der Polizei machten wir uns schlau, ob wir am Pass Jama eine chilenische Migration antreffen würden, was mit „Ja“ bestätigt wurde. Wir gönnten uns einen zweiten Tag Erholung hier, denn die nächsten Abschnitte werden knüppelhart werden.

San Pedro de Atacama zu km 38 22.10.2013
Mit dem ersten Tageslicht verließen wir diesen beschaulichen Ort. Für rund 15 Kilometer ging es einigermaßen geradeaus, dann tauchte vor uns der Anstieg wie eine Wand auf. Vor uns lagen 35 Kilometer mit einer Steigung von 7-8%, und diese zählt wohl zu den anstrengendsten in Südamerika. Die Landschaft wieder stinklangweilig, das Klettern hammerhart. John hatte wohlweißlich 9 Liter Wasser dabei, wir beide jeweils nur 4,5 Liter. Ich beschloss, Autos anzuhalten und irgendwann hatten wir zusätzliche 2 Liter. Die letzten Leute, welche wir anhielten, gaben uns sogar noch Äpfel, Kekse, Joghurt und zwei Sandwiches, echt nett. Wir schafften 23 Kilometer und rund 1600Hm. Zum Glück kamen wir mit dem Höhenunterschied gut klar, wir befanden uns jetzt auf 4200 Metern, was man nicht unterschätzen darf. Gut, das wir dort einen einigermaßen geschützten Campspot fanden, hinter großen Steinen, so das man uns von der Straße aus nicht sehen konnte. Dort bauten wir das Zelt auf, was uns Ausdauer und Nerven kostete, denn wir bekamen die Zeltstangen nicht in die Halterung. Waldemar und ich kriegten uns ziemlich in die Haare, denn einer hielt den anderen für zu dumm, das Problem zu lösen. Irgendwann fragte ich John, ob er uns helfen könnte. Wir erklärten im die Situation und er hatte direkt die Antwort parat. Das Zelt wäre aufgrund der Höhe und der Trockenheit geschrumpft. Mensch, da wären wir wahrscheinlich nie von alleine draufgekommen. Zu dritt schafften wir es dann doch noch, das Zelt zum Stehen zu kriegen, was für ein Krampf. Wir beiden Streithähne hatten uns wieder lieb und der Zank war schnell vergessen. Den Kocher bekamen wir auch zum Laufen, so dass wir ein warmes Mahl hatten.

Von km 38 für weitere 75km 23.10.2013
Um 5:30 Uhr klingelte der Wecker. Waldemar ging pieseln und kam ganz schnell wieder zurück. Viel zu kalt war es, der Wind tat sein Übriges. Wir beschlossen, eine weitere Stunde zu schlafen, dann noch eine halbe Stunde. Um 7:00 Uhr wagten wir uns raus, gegen 7:30 Uhr ließ sich die Sonne blicken, was schon wesentlich angenehmer war. Gegen 8:45 Uhr waren wir startklar. Für weitere 12 Kilometer kletterten wir, nochmal 620Hm, dann hatten wir es geschafft. Links rum ging es nach Bolivien, nein danke! Geradeaus weiter Richtung Argentinien. Wir schafften insgesamt 75 Kilometer, die Landschaft auf einmal wunderschön und an Salaren und Lagunen vorbei, eine davon richtig grün, und wir kamen gut vorwärts. Unterwegs trafen wir einen Brasilianer, und einen alten Stahlratte Freund, Trevor. Dann nochmal hoch, danach eine tolle Abfahrt, wo Waldemar tatsächlich mit 91Km/h runterfuhr. Gegen 16:00 Uhr erreichten wir ein Mirador, mit einem fantastischen Ausblick auf einen Salar mit ganz vielen Flamingos. Wir beschlossen, hinter der Mauer unsere Zelte aufzustellen. Waldemar war skeptisch, denn der Wind blies ziemlich stark. Das Aufbauen war schon eine Kunst, die wir nur zu dritt hinbekamen. Die Stangen ließen sich auch heute nicht fixieren, es war noch schlimmer als gestern. Frust kam auf, dann mit Improvisation stand das Ding endlich, danach war John’s Zelt an der Reihe. Der Wind wurde immer stärker, wir beschwerten das Zelt noch zusätzlich mit großen Steinen. Endlich drin, war an kochen nicht zu denken. Wir pfiffen uns jeweils zwei Brötchen rein, und verschwanden schnell in unseren Schlafsäcken. Jetzt drehte der Wind richtig auf, ich betete, dass vor allen Dingen die Zeltstangen hielten. So was hatten wir noch nicht erlebt auf unserer bisherigen Fahrt. Ich hörte John fluchen und schimpfen. Wir beide waren nur noch sprachlos und verkrochen uns noch mehr in unsere Schlafsäcke. Gegen 21:30 Uhr hörte das Gerüttel endlich auf!

Von km 75 in Chile nach Jama, Argentinien 24.10.2013
7:00 Uhr aufgestanden, der erste Blick galt unserem Zelt. Ein Hering hinüber, eine Abspannleine gerissen, ein Riss im Außenzelt, das Fazit des letzten Abends. Begeistert waren wir nicht, aber rum jammern hilft auch nicht. Wir packten unseren Kram zusammen, genossen nochmal den schönen Ausblick auf den Salar und weiter ging die Fahrt. In üblicher Manier auf und ab. Nur noch 50 Kilometer trennten uns von der Grenze nach Argentinien. Gegen 12:00 Uhr kamen wir dort an. Die Migration rechts von uns. Rein ins Gebäude und eine neue Überraschung. Zwei Länder teilen sich ein Haus, was für ein Fortschritt und gleichzeitig ein gutes Gefühl. Links am Schalter der chilenische Kollege, rechts daneben der argentinische Beamte in trauter Übereinkunft und wir müssen keine langen Wege zurücklegen, Klasse! Das Procedere ging schnell von statten und wir bekamen 90 Tage für Argentinien. Hier fragte uns keiner, ob wir Früchte oder Gemüse mit uns führen. Danach durch die Schranke und Bienvienidos a Argentina und damit unser letztes Fahrrad-Reiseland. Kaum zu glauben und definitiv nicht für uns im Moment greifbar. An der Tankstelle in Jama aßen wir zu Mittag und beschlossen, für heute Schluss zu machen. Gute Entscheidung! Eine Hospedaje für kleines Geld war schnell gefunden, fehlte nur noch Proviant für den nächsten Tag. Die zwei Dorfläden hatten nicht wirklich viel, wir überlegten hin und her. Nach 17:00 Uhr zogen wir nochmal los und jetzt gab es wenigstens Brot, was uns immer ganz glücklich macht. In der hypermodernen Tankstelle gab es außer Süßkram auch nicht viel, dafür Wifi umsonst!

Erster Eindruck von Chile:
Chile ist so ganz anders! Die Städte fast europäisch, für uns immer hungrige Radler gibt es die tollsten Sachen zu kaufen, aber, es ist leider auch ein sehr teures Land, mit Deutschland vergleichbar. Unser Weg hat uns größtenteils durch die Pampa geführt, die nicht sehr spektakulär ist. Der schönste Abschnitt war eindeutig der nach dem Klettern hoch zum Fortin Gajones und dem Paso Jama. Chile hat echt steile Anstiege, definitiv nicht zu unterschätzen. Es ist eins der sichersten Länder Südamerikas, so dass wir immer ohne Bedenken irgendwo gecampt haben.