Erste Erlebnisse in Norwegen

27 Mai 2011

Erster Tag in Norwegen, schöne Fahrt durch Finnland, jetzt in der Finnmark, die Landschaft im unteren Teil der Finnmark ist ähnlich wie in Schweden, viel Grün, wenig Abwechslung und Moskitoland, hatten wir ja lange nicht mehr! Sind 150km gestrampelt und mussten unterwegs feststellen, dass die Fahrweise der Norweger ziemlich aggressiv ist. Gegen 19:30 Uhr sind wir in Kautokeino angekommen und haben erst mal eine Bank aufgesucht, um Norwegisches Geld in die Finger zu bekommen. Der Kurs steht im Moment bei 1:8, und ich bin gleich mal in den nächsten Supermarkt gegangen, um die Preise zu checken. Die Ernüchterung erfolgte sofort. Hatte schon im Reiseführer gelesen, dass die Lebensunterhaltskosten um 50% höher liegen als in Deutschland, die Preisschilder vor Ort trugen nicht gerade zur Freude bei. Schweden war dagegen im Nachhinein ein Paradies. Dafür fanden wir einen angenehmen Schlafplatz zum fairen Preis von umgerechnet 10€, eine sehr gemütliche Küche versüßte uns den Abend.

Kautokeino nach Karasjok 16.06.2011
9:00 Uhr Start nach Karasjok, an der Tankstelle Straßenkarte besorgt und den Tankwart gefragt, welche Strecke Richtung Nordkap die schönere ist. Wir entschieden uns gegen die E6 Richtung Alta und nahmen die rund 60km längerer, aber angenehmer zu fahrende 92 ins Visier. Gleich am Anfang der Route trafen wir einen norwegischen Radfahrer, der sich sehr gut auskannte und uns mit vielen guten Tipps versorgte. Sind beschwingt uns fröhlich dann der 92 entgegen geradelt, diese war sehr schmal, wir fuhren wirklich ganz außen, aber wurden immer wieder geschnitten, und wir hatten das Gefühl, mit voller Absicht. Blöder Start in diesem Land, wir hatten uns so gefreut, dort anzukommen. Der Wind hatte uns auch mal wieder voll im Griff, die nicht mehr gewohnte Kälte tat ihr übriges. Nach 139km hatten wir die Nase gestrichen voll und waren froh, in Karasjok anzukommen. Sami - Zeltplatz aufgesucht, Essen fassen und nicht mehr über die Ereignisse des Tages nachgrübeln, war unsere Devise. Eine Sache hat uns dann doch noch sehr belustigt. 2 Pärchen aus Deutschland, die mit jeweils einem Smart auch auf dem Weg zum Nordkap waren, hatten ihre Zelte dicht nebeneinander aufgebaut. Wir lagen schon in unserem „warmen Nest“ und waren gerade am einschlafen, da hörten wir nur noch: „Gute Nacht, Bernd, Gute Nacht, Lilo, Gute Nacht, Karin, Gute Nacht, Jürgen“! Wir haben uns angeschaut und das Erlebte erinnerte uns Beide an die Serie: Unsere kleine Farm - „Gute Nacht, John-Boy“.

Karasjok nach Baevkopp 17.06.2011
Sehr kalt, viel Wind, doch die Fahrt war wesentlich entspannter, vergleichsweise rücksichtsvolle Autofahrer. Mittags riss der Himmel auf und die Sonne strahlte, die Geologie wechselte. Kein Wald mehr, dafür schneebedeckte Berge und unser erster Fjord. Wir genossen es in vollen Zügen. Gegen 14:00 Uhr kamen wir in Lakselv an, der letzten Stadt mit einem vernünftigen Supermarkt. Zwei andere Radfahrer trudelten auch ein, von denen ich noch berichten werde. Um sicher zu gehen, fragten wir nochmal einen Postboten, der unsere Vermutung bestätigte, letzter großer Laden, die nächste Möglichkeit zum Einkaufen erst wieder in Honningsvag, 30km vor Nordkap. Ich überschlug mal schnell, was wir für 3 Tage brauchten und kam dementsprechend mit vollen Tüten aus dem Supermarkt raus. Waldemars Kinnlade fiel nach unten und er bekam sich gar nicht mehr richtig ein: „Du übertreibst maßlos!“, bekam ich nur zu hören. Hmm, dachte ich nur, wir sprechen uns wieder! Also, jeden freien Platz nutzen und rein mit den Fressalien, ich glaube, es waren um die 10 Kilo mehr. Zum Glück waren es bis zum Campingplatz nur noch ca. 20km, zu schaffen! Auf dem Weg dorthin noch Bernd kennen gelernt, ein 69 Jahre alter Berliner, der den 3. Versuch mit Ziel Nordkap unternahm, wohl doch nicht so einfach. In Baevkopp landeten wir gegen 17:00 Uhr, wir peilten den Zeltplatz an und wunderten uns nur, das einer der Radler, den wir in Lakselv getroffen hatten, diesen ignorierte, obwohl er uns noch erzählte, das er auch dort übernachten wollte. Er fuhr etwa 1km vor uns. Waldemar war völlig irritiert und so fuhren wir hinterher. Nach 3km holten wir ihn ein, Jean - Marie, ein Franzose aus der Nähe von Nancy. Die Situation klärte sich sehr schnell, wenig Englisch sprechend, hatte er gedacht, es gibt einen weiteren Platz zum übernachten, was nicht der Fall war. Mit Händen und Füßen erklärten wir ihm die Lage und er bedankte sich für die Rückholaktion. Lustigerweise war auch Bernd hinter uns hergefahren. Also, alle Mann zurück zum Zeltplatz. Dort wartete schon Lilo, die andere Radlerin vom Supermarkt. 4 Deutsche, 1 Franzose, Essen satt und ein lustiger Abend. Beim Gespräch stellte sich raus, dass wir Alle einen tierischen Respekt vor dem bevorstehenden Nordkap - Tunnel hatten, ca. 8km lang, 9 Prozent Gefälle, dann wieder 9 Prozent Steigung, mäßige Beleuchtung und kein separater Radweg. Bernd hatte sogar vor, nach Hammerfest zu fahren, um von da aus nach Nordkap mit Hurtigruten zu fahren, der Tunnel machte ihm Angst. Die Sympathie war groß und so gründeten wir eine Tunnel Team, um die Herausforderung zusammen zu bestehen. Jeder von uns würde den Weg dahin im eigenen Tempo bestreiten, vor Ort Treff und gemeinsame Tunneldurchfahrt.

Baevkopp - Repvag 18.06.2011
Lilo startete gegen 6:30 Uhr, Jean-Marie gegen 7:00 Uhr, Bernd folgte ca.15 min später, und wir fuhren auch endlich mal gegen 8:30 Uhr los. Die gesamten Taschen hatten wir umgepackt, um das Essen vernünftig zu verstauen, gar nicht so einfach. Sonnig, bitterkalt und der Wind…. Immer an der Küstenstraße entlang, die letzten 20km hatten wir mal wieder das Gefühl, stehen zu bleiben statt zu fahren. Die 3 vor uns waren dann hinter uns, sie hatten unseren ganzen Respekt, Lilo, 62 Jahre, Jean - Marie, 63 Jahre und Bernd, wie schon erwähnt, 69 Jahre alt, toll! Wir hatten schon Sorge, unser Zelt wegen dem Wind gar nicht aufbauen zu können, aber wir standen dann ganz nah beieinander hinter dem Haupthaus.

Repvag - Honningsvag 19.06.2011
Gleiches Spiel am Folgetag, alle starteten für sich, dann Treff vor dem gefürchteten Bauwerk. Fürchterliche Geräusche, eine Kälte und 5 Radler, die da durchmussten. Alle Wintersachen raus, anziehen, noch schnell eine Banane essen und auf ging es. Die Reihenfolge hatten wir schon vorher festgelegt, vorne Waldemar, hinten Lilo. Zum Glück waren wir relativ früh vor Ort, Sonntag, also keine LKW’s und wenig Verkehr. Die ersten Meter eine Eiseskälte, runter in Windeseile, auweia, das müssen wir alles wieder hoch, ging mir durch den Kopf. Am schlimmsten waren die Geräusche der vorbeifahrenden Autos, zum Glück hatten wir Ohropax präventiv in die Ohren getan, gute Entscheidung. Die Reihenfolge fiel bald auseinander, doch wir fühlten uns zu fünft einfach sicherer, nach ca. 40 min war der Spuk vorbei. Wir waren froh und glücklich. Mittags trafen wir zusammen in Honningsvag ein und trafen direkt einen alten Bekannten wieder, Kerrit, unser Niederländer mit dem Liegefahrrad. Er hatte das Pech gepachtet, Handy geklaut, keine Bank mit funktionierendem Geldautomat, alles Sch…. Wir drückten ihm 300 NK in die Hand und er konnte sich zumindest was zu essen kaufen. Wir beschlossen, uns ein Hostel zu suchen und fanden in der dortigen Jugendherberge eine perfekte Basisstation, um Kraft für den Abend zu tanken, auf zum Nordkap. 30km ohne Gepäck, dafür ein Anstieg nach dem anderen, Temperaturabfall um weitere 10 Grad, um 23:30 Uhr nach 2 Stunden hatten wir unser 1. Ziel erreicht -, wir waren tatsächlich am Nordkap - HURRA! Viele andere Touristen vor Ort, Busse ohne Ende, Gedrängel am Eingang, nass geschwitzte Klamotten, die Ernüchterung war spürbar. Der Weg nach oben kam uns vor wie eine Himmelsleiter durch tiefhängende Wolken, der eigentliche Ort war unspektakulär, sogar nervig, aber wir 5 Radler waren sichtlich stolz auf die geschaffte Leistung. Waldemars GPS zeigten 3556km an, in 5 1/2 Wochen geradelt, ein tolles Gefühl. Ein weiterer Biker stieß zu uns, Ingo aus dem Spreewald, er war auch die letzte Strecke nach oben mit Gepäck unterwegs. Wir hatten noch ein Bett frei, also hatte er direkt ein Nachtlager, alle wollten mit dem Bus zurückfahren. Waldemar und ich entschieden uns dann doch dagegen, nachdem wir kein gutes Gefühl beim Verstauen der Räder hatten. Also, nochmal 1 ½ Stunden in der Mitternachtssonne zurück, um 3 Uhr lagen wir dann fix und fertig im Bett.

Zweiter Tag Honningsvag 20.06.2011
Einfach nur entspannen, etwas Wäsche waschen, Ingo hat uns wunderbar bekocht zum Dankeschön für das Bett, nebenbei noch ein indisches Ehepaar aus Neu-Delhi kennen gelernt, er arbeitet bei der Deutschen Botschaft. Lilo meinte nur: „Kann ja nur gut für euch sein, einen Kontakt zu knüpfen“. Waldemar hat sich auf Anhieb mit dem indischen Landsmann verstanden und sie versprachen uns, Adresse und Telefonnummern auszutauschen, wir waren gespannt.

Mit Hurtigruten von Honningsvag nach Skjervoy 21.06.2011
4:30 Uhr AUFSTEHEN - die Fähre geht um 6:15 Uhr, zu früh für Alle! Einchecken, 225 EUR für 2 Nasen, 458km mit dem Schiff, Ankunft um 18:45 Uhr. Lilo und Bernd werden uns noch etwas begleiten, Jean-Marie ist in Hammerfest ausgestiegen, Ingo fährt zurück nach Hause. Auf dem Schiff das indische Ehepaar wieder getroffen, sie haben ihr Versprechen gehalten und wir haben alle wichtigen Daten in der Tasche, man weiß ja nie! So, das soll’s erst mal wieder gewesen sein.