Hola, Hola Spanien

29 September 2011

Urrugne nach Orio Fortsetzung 17.06.2011
So, also jetzt sind wir in Spanien, Baskenland. Erst mal haben wir unser Baguette und diverse andere Fressalien auf dem Hauptplatz in Irun ausgepackt und schön Mittagsvesper mit Rundumblick gehalten. Das Informationsbüro haben wir nicht gefunden, also weiter Richtung San Sebastian. Dafür mussten wir über die N1, eine Nationalstraße in Spanien, die es in sich hat. Ich bin ehrlich, in Frankreich wäre ich nie auf so einer stark befahrenen Straße gefahren, aber in Spanien merkten wir direkt, dass die Autofahrer viel rücksichtsvoller fuhren. Waldemar wollte dann mal wieder doch eine Nebenstrecke nehmen, ich war skeptisch und so fragten wir lieber nochmal nach. Der Spanier schaute uns nur verständnislos an und fragte: „El Monte?“ Wir schüttelten heftigst den Kopf und er meinte nur, zurück mit Euch auf die N1 und weiter auf dieser Strecke nach San Sebastian. Brav drehten wir wieder um und weiter im Autotross. In San Sebastian setzten wir uns auf eine Bank, verschnauften und hielten den nächsten Fahrradfahrer an, mit der Frage, ob er auch Englisch sprechen würde. „Ja“ lautete die Antwort. Wir erzählten von unserer Fahrt auf der N1, er schaute ungläubig und bot uns an, den weiteren Weg mit ihm zusammen durch die Stadt zu fahren. Super, wieder ein Guide nur für uns mit besten Kenntnissen, was die Schleichwege betraf. Eine Klingel besaß sein Fahrrad nicht, dafür konnte Millan einen Vogelton nachmachen, und alle Fußgänger machten bereitwillig Platz. Am Ende der Stadt empfahl er uns Orio als Endstation für diesen Tag, schaute zum Himmel und meinte nur, wir sollten uns ein wenig beeilen, denn das Wetter versprach nichts Gutes. Auf den Weg nach Orio fing es dann an, zu fisseln - Mikroklima heißt das Wort dafür. In Orio hatte die Touristikinformation tatsächlich noch geöffnet, alle Fragen konnten wir klären und das Kartenmaterial bekamen wir auch dazu. Der Campingplatz war keine 10 min vom Zentrum entfernt. Wir warteten eine Regenpause ab, bauten das Zelt auf und einen trockenen Platz, um zu kochen, fanden wir auch. Wir waren auf einen „Hiker und Biker“ Platz, neben uns nur noch zwei weitere Zelte. Wir verschwanden relativ schnell in unserem Zelt und ließen „die Welt Welt sein.”

2 Tage Orio, nicht ganz freiwillig! 18.09.2011
In der Nacht regnete es stärker, am nächsten Morgen noch mehr, wir aßen im Zelt unser Frühstück und machten uns mit den Zeltnachbarn bekannt. 2 Männer und eine Frau aus Bad Doberan, sehr natürlich und freundlich. Sie waren mit zwei Motorrädern unterwegs und es stellte sich raus, das sie nicht das erste Mal in dieser Gegend waren. Wenig später machten wir uns gemeinsam auf in den Ort, um weitere Erkundungen einzuholen. Der Mann in der Touristikinformation gab uns bereitwillig Auskunft und wir beschlossen, den Jakobsweg bzw. die Straßen neben dem eigentlichen Pilgerweg für unsere Weiterfahrt zu nutzen. Einen Pilgerbrief hatten wir zwar noch nicht, aber bei dem nächsten Refugio würden wir diesen bekommen. Danach vertrieben wir uns die Zeit in den Bars und Cafés der Stadt, was sollten wir auch anderes tun, es regnete ohne Unterbrechung. Tino spendierte uns das Bier, wir wollten uns am Abend mit einem gemeinsamen Essen revanchieren. Einkauf, zurück zum Campingplatz, telefonieren, um zu erfahren, wie es meiner Mam ging. Sie lag immer noch im Krankenhaus und sollte jetzt ein weiteres Mal operiert werden, eine Platte hatte sich verschoben. Abends organisierte Waldemar einen Raum für uns, wo wir in Ruhe und vor allen Dingen im Trockenen kochen und essen konnten. Die kommende Nacht werde ich nicht so schnell vergessen. Gegen 3 Uhr wachten wir Beide von düsenartigen Geräuschen auf. Das Zelt blähte sich auf wie ein „Kugelfisch“ und der Regen peitschte gegen die Zeltwände. Das Ganze zog sich über 2 Stunde hin, dann war 1 Stunde Pause, um danach noch stärker zu werden. Ich wollte zwischendurch fluchtartig das Zelt verlassen, Waldemar fragte mich nur ganz trocken: „Wo willst Du denn hin?“ Gegen 7 Uhr war dann endlich mal Schluss mit Regen und orkanartigen Böen. Die 3 „Fischköpfe“ packten ihre Zelte zusammen, ja, ja, mit dem Motorrad ist man schnell mal raus aus diesem Regenloch und wir schauten sehnsüchtig hinterher. Es machte aber keinen Sinn, der Wind spielte weiterhin sein Spiel mit uns und der Himmel war „grau in grau”. Also, rein in den Raum, schreiben, essen, schreiben, zwischendurch ging ich mal für ein Stündchen an die frische Luft, um danach wieder zu schreiben. Abends beschlossen wir, auf jeden Fall am nächsten Tag unser Glück zu versuchen, um ein wenig freundlicheres Wetter zu ergattern.

Orio nach Mutriku 19.09.2011
Früh raus, rauf aufs Rad und ab „durch die Mitte“. Nur raus aus diesem Regenloch, eine Stunde später hatten wir es geschafft, der Himmel wurde wieder heller und die Regenwolken ließen wir hinter uns. Unsere Laune besserte sich sichtlich, wir fuhren durch das Baskenland und waren angetan von der sehr schönen Natur um uns herum. Nur 35 Kilometer weiter kamen wir in Deba an, fragten bei der Touristeninformation nach, wo wir den Pilgerbrief bekommen könnten. Wir sollten uns für die kommende Nacht Plätze im dortigen Refugio reservieren, bis 16 Uhr die Zeit vertreiben, dann die Unterkunft aufsuchen und dort würden wir in den Besitz des besagten Dokuments kommen. Na gut, wir suchten den Park auf, trockneten unsere noch nassen Sachen, aßen in Ruhe, gönnten uns einen Café Solo und machten uns gegen 17 Uhr auf, die Unterkunft zu suchen. Bergauf, na klar, was auch sonst, dann ein Aufzug, um die nächste Ebene zu erreichen, nur Pech, das unsere Räder da nicht reinpassten, also zu Fuß weiter. Auf der nächsten Ebene genau das gleiche Spiel, jetzt wurde es Waldemar zu viel und er schickte mich vor, um das Terrain zu erkunden. 30 Minuten später stand ich ernüchtert vor ihm, der Weg zur Unterkunft fast unmöglich mit dem Rad zu erreichen. Von dem Refugio selber ganz zu schweigen. Wir wollten es trotzdem versuchen, hatten wie doch schon 10€ dafür bezahlt. Au weia, meine Beschreibung war wohl noch zu positiv gewesen, Waldemar schimpfte immer mehr und nachdem wir endlich die Stufen erklommen hatten und im Gebäude selber standen, schaute er sich kurz um, und teilte mir dann mit, das er hier auf keinen Fall bleiben wollte. Das „Ende vom Lied“, den ganzen beschwerlichen Weg über die Treppen zurück, aufsitzen und ab zum nächsten Zeltplatz. Zum Glück war dieser nur 10 Kilometer weiter, natürlich wieder auf einem Berg und 15€ kostete uns der Spaß auch noch. Egal, wir fühlten uns dort zumindest wohl und der Tag war eh „gelaufen“. Von meinem Bruder bekam ich noch eine SMS, dass die zweite Operation meiner Mutti erfolgreich verlaufen war.

Mutriku nach Mundaka 20.09.2011
Morgens brauchten wir erst einmal gefühlte 3 Stunden, um das Zelt trocken zu bekommen. Eine kalte Nacht lag hinter uns, der Herbst war auch hier angekommen. Wir starteten gegen 11 Uhr und genossen den Tag in vollen Zügen. Trocken, angenehme Temperaturen und die Sonne zeigte sich zusehends mehr. Von Refugios nahmen wir erst mal Abstand, suchten uns abends nach anstrengenden Kilometern einen Campingplatz und wurden mal wieder überrascht von den Preisen. Nachsaison und immer noch rund 20€. Der Platz wurde uns zugewiesen, wollten wir aber nicht und bekamen zum Glück einen besseren mit ein wenig mehr Rasenfläche. Eine ältere Dame winkte uns sofort, erzählte dann, sie hätten uns schon tagsüber überholt und fragte, ob wir irgendetwas benötigten. 2 Stühle hatte sie noch dabei, Äpfel aus dem eigenen Garten, Schokoladendessert und andere Leckereien standen kurze Zeit später an unserem Zelt. Wir bedankten uns ganz herzlich und waren etwas versöhnt mit dem Ort.

Mundaka nach Pobena 21.09.2011
Auch an diesem Morgen brauchten wir wieder arg lang, alle Sachen trocken zu bekommen. Gegen 11:00 Uhr kamen wir erst los. Ja, und dann wollte ich alles hinschmeißen und war völlig verzweifelt. Der Anstieg, der vor uns lag, hat mich förmlich umgehauen. Die Sonne knallte, mir lief der Schweiß in Strömen runter und ein Ende war nicht in Sicht. Waldemar bekam meine ganze Wut ab, er ertrug es mit Fassung und versuchte, mich wieder in die Spur zu bringen. Nach gefühlten Stunden hatten wir mit etlichen Unterbrechungen diesen Berg endlich überwunden und ich erholte mich langsam wieder. Dann trafen wir einen spanischen Radfahrer, der tatsächlich Englisch sprach und erkundeten uns nach dem weiteren Weg. Er beruhigte mich, schlimmer würde es nicht mehr werden, nur nach Bilbao sollten wir nicht reinfahren, sondern eine spezielle Brücke nehmen. Wir folgten brav seinen Anweisungen, fanden das Eisenmonstrum auf Anhieb, und ließen uns per Seilbahn rüberfahren. Danach folgte ein für uns sehr angenehmer Weg, extra mit Radspur, die Pilger zu Fuß stöhnten nur. Wir versuchten ein zweites Mal, in ein Refugio zu kommen und wurden sehr freundlich empfangen. Den Pilgerausweis durften wir auch endlich in Empfang nehmen incl. ersten Stempel. Waldemar bekam leuchtende Augen, wo er die Jakobsmuscheln sah und auch davon nahmen wir noch zwei Stück mit. Das Zelt packten wir nur aus, um es nochmal zu trocknen, dann unterhielten wir uns mit mehreren Pilgern. Ein Oskar aus Spanien konnte uns gute Tipps für Übersee geben, Kuba legte er uns besonders ans Herz. Der Hostalerio und seine Frau wachten über alles, was die Pilger so trieben, ganz genau. Um 22 Uhr lagen 16 Pilger brav in ihren Betten und das Licht wurde pünktlich ausgemacht. Die erste Nacht war schon etwas gewöhnungsbedürftig. Waldemar hatte Pech, neben ihm lag eine Französin, die schnarchte, was das Zeug hielt. Ich hatte mir mal wieder präventiv die Ohren „zu gekleistert“.

Pobena nach Santona 22.09.2011
Señor Hostalerio stand pünktlich um 7.00 Uhr vor der Tür, mahnte uns zur Eile, schnell zu frühstücken und um 8:00 Uhr standen wir vor der Herberge. Es war noch dunkel und wir schauten etwas verdattert drein. Licht an, Orientierung, dann gegen 8:30 Uhr sahen wir langsam auch wieder ohne die Funzel. Ein toller Tag, alles passte. Schöne Anstiege, tolle Landschaften, Gegen 13:00 Uhr kamen wir in Loredo an, gefiel uns nicht, also weiter nach Santona. Dafür mussten wir mal wieder eine Fähre nehmen, das hieß in diesem Fall, am Strand langlaufen, winken und dann kam ein Bötchen angefahren, der Helfer stöhnte nur, wo er unsere Räder sah, aber hievte diese brav mit Waldemar zusammen hoch. Eine Pilgerin setzte mit uns über, total süß und sympathisch. Jule, wohnhaft in Berlin für mehrere Wochen unterwegs. Wir schoben unsere Fahrräder neben ihr her, fragten uns zum Youth Hostel durch, und verbrachten mit ihr und einer weiteren Pilgerin aus Österreich einen ganz entspannten Nachmittag und Abend.

Santona nach Cobreces 23.09.2011
Weiter ging es, die Landschaft wurde immer schöner, wir waren begeistert. Alles war entspannt, gegen 15:30 Uhr wollten wir Feierabend machen in einem sehr schönen Ort Namens Santillana del Mar, das Rothenburg auf der Tauber in Nordspanien. Das Refugio wurde erst 2008 eröffnet, neben einem Museum, schön idyllisch. Wir kamen dort an und wurden mit Blicken von den schon wartenden Pilgern förmlich „durchbohrt“. Oh, oh, wir fühlten, das wir nicht willkommen waren. 30 Minuten später kam der Hostalerio, sah uns, sagte aber nichts, ließ mich brav anstellen, um mir dann weitere 30 Minuten später mitzuteilen, dass er keinen Platz für uns hätte. Danke für die Auskunft und „Tschüss“. Wir fuhren weitere 10 Kilometer nach Cobreces, quartierten uns bei den Mönchen ein, bekamen eine sehr einfache Unterkunft in einem Nebengebäude, aber mit netten Zimmernachbarn. 4 Deutsche und zwei Franzosen, alles ganz entspannt. Duschen, Wäsche waschen, kochen, erzählen. Die beiden Franzosen beobachteten mich ganz genau beim Kochen, waren aber wohl mit dem Ergebnis zufrieden und kommentierten es positiv. Wir verbrachten eine ruhige Nacht ohne Geschnarche neben uns.

Cobreces nach Llanes Asturien 24.09.2011
Früh aufgestanden, hat schon was, nicht immer Stunden mit dem Zeltabbau zu verbringen, wieder ein schöner Tag und auf ging es zum nächsten Tagesziel. Die beiden Franzosen holten wir bald ein, auch sie per Rad unterwegs. Einen Spanier, der mit Minimal Gepäck unterwegs war, überholten wir an einem Berg. Er fixierte uns, verstand wohl die Welt nicht mehr und ließ uns erst mal ziehen. Dann sah ich im Rückspiegel, wie er anzog und uns wiederum überholte, jetzt starr gerade ausschauend. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen, doch ein „El Torro“. Wir fuhren unser Tempo weiter, nachmittags kamen wir in Llanes an und hatten gar keinen Plan, wo wir die Nacht verbringen wollten. Eine Heladeria stach uns in die Augen, also erst mal ein Eis, sehr lecker war’s. Es war Samstag und unsere Bemühungen, an diesem Tag eine geöffnete Touristeninformation zu finden, war nicht von Erfolg gekrönt. In Llanes hatten wir Glück, 16:30 Uhr machte diese ihre Pforten wieder auf, wir fragten einen Pilger nach der nächsten Unterkunft und wollten uns einschreiben, doch 20€ erschienen uns zu viel und so wollten wir abwarten, bis das Büro öffnet. Also, wieder zurück, und wer kam uns entgegen, die Franzosen vom Vorabend. Sie hatten eine Liste der Unterkünfte und die Preise dabei und wir stellten fest, dass die anderen Refugios noch teurer waren. Ich fuhr dann mal eben zur ersten Unterkunft zurück, lächelte die Dame an der Rezeption freundlich an und bezahlte brav die 20€. Sie gab mir ein 4 Bettzimmer, wir nahmen die 2 Franzosen mit, so wussten wir wenigstens, wer unsere Nachbarn für die Nacht waren. Einen Fahrradladen fanden wir auch noch, Waldemar bekam seine neue Radhose und ich für meinen Radständer einen neuen „Fuß“. Im Refugio selber ging es lebhaft zu, immer mehr Pilger trudelten ein, die Hütte wurde brechend voll. Viele Deutsche da drunter, halt das Reiseland Nr.1.

Llanes nach Valdedios 25.09.2011
Die ersten Pilger standen gegen 6:00 Uhr auf, wir schlossen uns an und kamen wieder früh los. Viele Kilometer wollten wir an diesem Tag nicht fahren, denn die Strecke wurde zusehends anspruchsvoller. Vor La Isla machten wir Pause, wunderschön am Strand, wir hatten aber erst 50km auf dem Tacho und wollten noch rund 10 Kilometer weiter. In einem Café gönnten wir uns mal wieder, ein Mädel hielt an, Klappfahrrad mit Übergepäck, uns direkt super sympathisch. Rachel aus Oklahoma, Vater Spanier, jetzt versuchte sie, in Spanien Fuß zu fassen. Studiert hatte sie unter anderem in Valencia. Wir nahmen noch einen weiteren Café, unterhielten uns lange mit ihr und verabredeten uns locker für den Abend im nächsten Refugio. Leider fanden wir diese Unterkunft nicht, aus den weiteren geplanten 10 Kilometern wurden 30 Kilometer, das nächste Refugio lag überhaupt nicht auf unserem Weg und alle Spanier, die wir fragten, wie weit es denn noch wäre, gaben uns unterschiedliche Auskünfte. Nach gefahrenen 80 Kilometer hatten wir mal wieder die „Nase“ gestrichen voll. Der letzte Spanier meinte dann nur: „Ihr müsst hoch auf den Berg, dann seid Ihr da“. Angekommen, völlig ausgepowert, wieder bei Mönchen. Ein sehr schönes Kloster, das Refugio leider etwas feucht, egal, Hauptsache ein Bett für unsere müden Knochen. 3 Rostocker, 1 Schweizerin und ein „Eifelelch“ waren unsere Zimmernachbarn. Supernetter Abend mit Rotwein und Sidra, so heißt der Cidre hier. Der männliche Part des Trios aus Rostock stammt aus meiner Geburtsstadt Parchim, wir kennen beide den dortigen Schwimmmeister der Badeanstalt, was für eine Freude. Die Welt ist wirklich klein.

Valdedios nach Aviles 26.09.2011
Sehr schöne Verabschiedung mit Abschlussfotos, Umarmung und vielen guten Wünschen. Wir hatten den Umweg von 7 Kilometern wieder wettzumachen und fuhren dann mal wieder stundenlang die Berge hoch. Belohnt wurden wir mit tollen Aussichten, einen wunderschönen Sonnenaufgang und autofreien Straßen. Wir fuhren jetzt den Original Camino, trafen allerdings auf dieser Strecke keinen Pilger. Mittags kamen wir in Gijon an, Waldemar hatte sich in den Kopf gesetzt, neue Stirninnenbänder für seinen Helm zu ergattern und hatte leider Pech. Stundenlang irrten wir in dieser Stadt rum, fragten „Gott und die Welt“ nach den Läden, und wurden immer wieder enttäuscht. Dann gaben wir es auf, setzten uns am Ufer hin, ich hängte mal eben unsere noch nicht trockenen Sachen am Geländer auf zum Entsetzen meines Mannes, und zur Belustigung bis hin zur Begeisterung der vorbeikommenden Spanier. Nach dem Essen waren alle Sachen trocken und wir konnten weiterfahren. Die Umgebung veränderte sich zusehends, die Industrieanlagen verdrängten die Natur und der Camino ging mittendurch. Vor Aviles hörte der Spaß endgültig auf, nur noch rauchende Schornsteine und die Straßen grau in grau. Die Altstadt sah zum Glück freundlicher aus, die Herberge etwas runtergekommen, der Hostalerio fragte, ob ich Maria heißen würde, hatte er eine Erscheinung oder irritierten ihn meine Haare, die mittlerweile wieder ziemlich lang und lockig sind. Waldemar nennt mich nur noch Mon Chi Chi. Na egal, ich füllte brav alle Formulare aus, bezahlte unseren Obolus und wir suchten uns von den vielen Doppelstockbetten zwei untere aus, so das wir mal wieder nebeneinander schlafen konnten. Die Sonne schien noch und wir wuschen schnell unsere Sachen. Danach schauten wir uns die Altstadt noch ein wenig an, kauften einen neuen Gürtel für mich und noch zwei Bier zum Ausklang des Tages. In der Unterkunft waren nur Männer, und die nicht besonders freundlich. Einer schien sich wohl besonders durch uns gestört, warum auch immer, auf jeden Fall machte er uns auf einmal mächtig an und verklickerte Waldemar, er würde eh kein Spanisch sprechen, darum wäre er prinzipiell schon mal ein Idiot. Nett, uns verschlug es die Sprache, dann versuchte Waldemar sogar noch einzulenken und die Situation zu klären, ich winkte nur ab und sagte meinem Mann: „Vergeudete Zeit, der Typ ist nicht ganz klar im Kopf”. Zum Glück kam dann noch ein netter Mensch die Tür rein, Robert aus Berlin, denn wir schon zweimal auf unserem Weg an unterschiedlichen Tagen zugewunken hatten. Wir fragten ihn spontan, ob er mitessen möchte, tat er gerne und spendierte noch ein paar Wiener für die Sauce. Der Junge ist sehr jung, aber die Füße waren trotzdem schon ziemlich angeschlagen und die Sehnen spielten auch verrückt. Wir drücken ihm ganz fest die Daumen, dass er die Pilgerreise einigermaßen unbeschadet übersteht, schon eine ganz schöne Strapaze. Früh legten wir uns schlafen, der nächste Tag sollte wieder hart werden.

Aviles nach Almuna 27.09.2011
Um 8:00 Uhr saßen wir auf den Rädern, die Umgebung noch recht dunkel, raus aus dem Industriegürtel zurück in die Natur. Schöne Stunden auf dem Fahrrad, dann fanden wir eine sehr schöne Herberge in einem sehr angenehmen Ort. Wir waren die ersten „Pilger“, die dort ankamen und das blieb auch lange Zeit so. Dann trudelten 2 Dresdener mit ihrem 9 Monate alten Kind ein, Jörg, Tina und Rachel verbringen die Zeit zusammen auf dem Camino, Respekt! Später kamen noch 4 spanische Radfahrer dazu, sehr lustig. Einer hatte so einen improvisierten Gepäckträger, das Waldemar erst mal Hand anlegen musste, damit der Spanier am nächsten Tag weiterfahren konnte. Gekocht haben wir auch noch ein bisschen.