Unsere Zeit in Guatemala

15 Februar 2013

Ja aus 3 Monaten sind letztendlich 4 ½ Monate geworden. Eigentlich wollten wir seit einer Woche wieder auf der Straße sein, aber Xela will uns wohl nicht gehen lassen. Die Erkältungswelle hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht und die vergangenen Tage haben wir mit inhalieren und schlafen zugebracht. Morgen soll es jetzt definitiv weitergehen. Die Zeit in Xela war gespickt mit Lernen, die guatemaltekische Kultur näher kennen zu lernen, Freundschaften schließen, allen voran mit einer Griechin Namens Sofia und meiner Spanisch Lehrerin, die Beide ein Herz von einem Menschen sind. Christine half uns weiterhin, wo sie konnte und brachte uns mit vielen Einheimischen in Kontakt. Warten auf Ersatzteile aus Deutschland, Ruhe bewahren, auch wenn der richtige Einbau der Speichen an unseren neuen Felgen 5 Anläufe gebraucht hat. Kleinere Erdstöße zu ignorieren und das große Erbeben mit einer Stärke von 7,3 auf der Richter Scala hoffentlich nicht noch mal erleben zu müssen. Uns ging ganz schön die Muffe! Zum Glück ist in Xela selber nichts weiter passiert, außer dass Glasscheiben reihenweise zerbrochen sind. Die Hauptkirche und das Kulturzentrum beunruhigende Risse in der Decke und an den Wänden danach aufgewiesen haben, und wahrscheinlich etliche andere Gebäude auch. Das Epizentrum befand sich ungefähr 150 Kilometer von hier entfernt in San Marcos. Dort sind rund 80 Menschen ums Leben gekommen. Der Spendenaufruf danach war sehr groß und dem Benefiz Fußballspiel der Mannschaft Xelaju folgten viele Menschen, auch wir, so dass das Stadion mit 15000 Besuchern restlos ausverkauft war. Statt Eintritt zu bezahlen, brachten die Leute Spenden in Form von haltbaren Lebensmitteln mit, die dann direkt in die Unglücksgebiete verteilt worden sind. Gute Sache, wie wir finden. Am 21.12. sollte ja laut Maja-Kalender die Welt untergehen. Baktun verbrachten wir ein zweites Mal in Chicabal, wo wir aber statt Indigenas leider nur viele Touristen antrafen. Für diese wurde dann eine Maya-Zeremonie abgehalten, die uns aber nicht sonderlich überzeugte. Die Spiritualität, die wir das erste Mal so sehr gespürt hatten, fanden wir dieses Mal leider nicht und die Welt ist ja zum Glück auch noch existent. Weihnachten feierten wir mit unserer griechischen Freundin, Kirchgang eingeschlossen. Diese war randvoll und der Bischof sprach die Predigt. Wir fanden Plastikstühle zum Verweilen, doch nach 20 Minuten hatten wir genug gehört und die Böller, die auch am 24.12. hier fleißig gezündet werden, gingen uns reichlich auf die Nerven. Wir verzogen uns ins Haus und ließen uns das Essen schmecken. Silvester feierten wir mit Christine, Sofia und zwei guatemaltekischen Chicos auch hier im Dicap. Wir haben geschmaust wie die Könige und um Mitternacht haben wir mit Cidre auf der Dachterrasse das neue Jahr begrüßt, mit Blick über die ganze Stadt. Schön war’s. Viele Prozessionen haben wir am 06.01.2013 verfolgen dürfen, die heilige Maria Gottes und das Jesuskind wurden durch die Stadt geschunkelt. Waldemar hat sich mit einem guatemaltekischen Hombre Namens Luis lange um unsere Internetseite gekümmert und wir finden, das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die gefahrene Route könnt Ihr jetzt auf einer Weltkarte sehen und die einzelnen Länder im Detail anschauen. Danke an dieser Stelle auch an Bernhard Gaul, der uns das ermöglicht hat. Die Bilder sind jetzt in einzelnen Galerien angelegt, weit übersichtlicher als zuvor. Viel Spaß beim Stöbern! Mit Salsa habe ich mich dann doch noch ein wenig mehr auseinandergesetzt und ich muss zugeben, wenn man den richtigen Tanzpartner hat, macht es Riesenspaß. Mein Abschied von der Schule war etwas traurig, Nach 3 Monaten lässt man ein wenig Herzblut zurück. Xela werden wir in sehr guter Erinnerung behalten, vor allen Dingen die Menschen hier sind einmalig.

Xela nach Los Encuentros 10.02.2013
Um 6:30 Uhr ging es los. Abschied von unserer Freundin Sofia mit Tränen in den Augen. Hoffentlich werden wir diese Frau irgendwo auf der Welt wiedersehen. Rauf auf die Straße Richtung Salcaja, gemächlicher Start von 14 Kilometern auf gerader Strecke und dann, endlich wieder klettern, hurra! 1000Hm wollten direkt am ersten Tag überwunden werden. Ich merkte am Kneifen meiner Hose, dass es Zeit wurde, wieder aufs Rad zu kommen. Die Kraxelei ging besser als vermutet, nur immer kälter wurde es. Gegen 16:30 Uhr kamen wir in Los Encuentros an. 78 Kilometer hatten wir geschafft. Ein Hotel fanden wir direkt am Anfang des Ortes. In der dortigen Tankstelle gab es ein Restaurant, welches uns der Hotelbesitzer empfahl. Wir bestellten Hühnchen mit einer Tomatensauce, schmeckte auch ganz gut. In der Nacht ging es mir total schlecht, Kreislaufbeschwerden, Magenschmerzen. Das Essen war wohl doch nicht so gut gewesen.

Los Encuentros nach Chimaltenango 11.02.2013
5:30 Uhr, mir ging es nicht viel besser, aber wir wollten weiter. Nach einer langen Zeit auf der Toilette ging es und wir schwangen uns wieder auf die Räder. Auf und ab über den Alto Plano, harte Kilometer. Kurz vor Chimaltenango hatte Waldemar einen Platten. Während der Reparatur kamen 2 Mädels aus unserer Richtung. Sehr nett, beide aus Quebec stammend. Kurzer Plausch, dann trennten sich unsere Wege wieder. Die Beiden wollten heute noch nach Antigua weiter. Zum Glück haben wir uns diese Stadt ja schon zusammen mit Grit angeschaut, ließen wir also rechts liegen. Einchecken in ein Hotel, kochen, schlafen legen. Diese Nacht kämpfte Waldemar mit seinem Magen-Darm-System. Oben und unten, an Schlaf nicht zu denken. Gegen 4:00 Uhr wollte uns dann auch noch ein Vollidiot mit den Auspuffgasen seines Autos ersticken, welches genau vor unserem Zimmer stand und der Motor eine ½ Stunde lief, ohne das der Typ Anstalten machte, fortzufahren. Idioten gibt es halt überall auf der Welt.

Chimaltenango nach Escuintla 12.02.2013
Trotz Waldemars Bauchkrämpfen fuhren wir weiter, auch heute wieder anstrengende Kilometer runter Richtung Küste. Weiter als bis nach Escuintla schafften wir es aber nicht. Die Hitze nach der ganzen, langen Zeit in Xela und in den Bergen machte uns zu schaffen. Dort stiegen wir im Hotel Texas ab für umgerechnet 18€. Es war uns an diesem Tag egal. Hauptsache schlafen und auskurieren.

Escuintla nach Pedro de Alvarado 13.02.2013
Magen wieder in Ordung, gut erholt und bereit für neue Abenteuer. Bis zum Grenzort Pedro de Alvarado schafften wir es. Heiß wars. Unterwegs 2 Radler von Süden herkommend, getroffen und ein englisch-canadisches Gespann in unsere Richtung fahrend. In Pedro sprach uns ein netter Mensch an und empfahl uns ein Hotel. Für 10€ kamen wir unter, kochten uns noch ein paar Nudeln und stellten uns seelisch und moralisch auf den Grenzübertritt nach El Salvador am nächsten Tag ein.

Lange haben wir uns in diesem Land aufgehalten und es lieben gelernt. Guatemala ist wesentlich ärmer als Mexico, es liegen Welten dazwischen. Die Ökonomie liegt im Moment am Boden, was wir auch immer wieder in Xela zu spüren bekommen haben. Der gesellschaftliche Unterschied zwischen Ladinos und Indigenas ist nach wie vor aktuell. In der Vergangenheit herrschte hier 36 Jahre lang bis 1996 ein Guerilla Krieg, unter dem vor allen Dingen die indigene Bevölkerung in den weit abgelegenen Gebieten zu leiden hatte. Ganze Dörfer wurden zum Teil ausgerottet. Die Bevölkerung in den Städten erfuhr von diesen Gräueltaten zum Teil erst nach Beendigung des Krieges. 60% der Bevölkerung sind Analphabeten, was viel über das Bildungssystem dieses Landes aussagt. In den Städten ist die medizinische Versorgung einigermaßen gewährleistet, auf dem Land kann davon keine Rede sein. Die Gewalt in den Familien, vor allen auch in ländlichen Gegenden, ist sehr hoch, und die hohe Geburtenrate nimmt nicht ab. Seit 2011 ist eine neue Regierung an der Macht, und wir können nur hoffen, dass diese einiges bewegen kann im positiven Sinne. Von seiner landschaftlichen und kulturellen Vielfalt hat Guatemala so viel zu bieten und das Lachen der Menschen wird uns immer in unvergesslicher Erinnerung bleiben.