Venga, Venga Spanien

15 Oktober 2011

Almuna nach Lorenzana 28.09.2011
Etwas länger geschlafen, in Ruhe gefrühstückt, der Familie aus Dresden noch alles Gute gewünscht und weiter ging die Fahrt. Wir näherten uns immer mehr Galicien und die Rennradfahrer auf den Straßen wurden immer weniger. Komisch, ich hatte meinen Reiseführer so verstanden, dass gerade dieser Landstrich gut zum Fahrrad fahren geeignet wäre. Vorher mussten wir aber noch in einem Kaff unseren Stempel für den Pilgerausweis abholen, damit wir die letzten 200km, die noch vor uns lagen bis Santiago de Compostella, nachweisen konnten. Gar nicht so einfach, die Spanier schickten uns wieder sonst wohin, nur nicht da, wo wir hin mussten. Ein Café musste her, der war schnell gefunden, um dann in Ruhe zu überlegen, wo wir diesen verdammten Stempel herbekommen könnten. Gegenüber von der Bar ein blau angestrichenes Haus, drüber in großen Buchstaben „Casa de Consello“. Ein Rein und Raus der Bewohner dieses Ortes, ich schaute Waldemar an und meinte nur, mein Glück da probieren zu wollen. Er lachte lauthals und gab mir den Kommentar mit auf den Weg: „Wenn Du mal Lunte gerochen hast, dann bist Du durch nichts auf zu halten“! „Recht hatte er”! Rein ins blaue Haus, sechs oder sieben Augenpaare schauten mich groß an. Ich zückte unsere Pilgerausweise und fragte, ob ich hier richtig wäre. Zwei Hände wurden gehoben, bitte die Treppe rauf, dort würde ich fündig werden, also rauf, anklopfen, ich brauchte gar nichts zu sagen, sofort wurde der Stempel gezückt und das nächste Feld war bestückt. „Stolz wie Oskar“ kehrte ich zu meinem Mann zurück und bekam ein Kompliment ausgesprochen. Danach trafen wir noch ein Bekannte wieder, die uns schon in Llannes und Gijon über den Weg gelaufen war. Hmm, zu Fuß hätte sie diese Strecke nicht in der Zeit bewältigen können. Wir fragten nach und bekamen zur Antwort, Bus fahren macht zwischendurch auch mal Spaß. Ja, ja und dann womöglich behaupten, den Weg komplett gelaufen zu sein, das haben wir gerne. Nein, im Ernst, jeder auf seine eigene Art und Weise. Um in die neue Provinz zu gelangen, mussten wir, na…, mal wieder über eine Brücke. Ein ganz schmaler Weg war für die Pilger und Fahrradfahrer gebaut worden. Wir mit unserem Gepäck hatten wirklich Sorge, gar nicht da rüber zu kommen. Zum Glück kam uns kein Mensch entgegen, sonst hätten wir ein Problem mehr gehabt. In Ribadeo kamen wir gegen Mittag an, das Touristikbüro war noch geöffnet, Waldemar holte die erforderlichen Unterlagen, und den nächsten Stempel! dann Mittagspause. Die Supermärkte haben zum Glück in Spanien durchgehend geöffnet, rein und inspizieren, ob es hier unsere heiß geliebten feinen Haferflocken gab. Tatsächlich, die letzte Packung konnte ich ergattern, die nächsten 3 Tage das Frühstück gesichert. Der erste Tag in Galicien und tatsächlich fing es an zu regnen, hatten wir doch gar nicht bestellt. Gegen 16:00 Uhr kamen wir am Ziel für diesen Tag an, Lorenzana. Bevor wir die Herberge aufsuchten, meinte Waldemar, unsere Laguiole - Messer schleifen zu lassen. Er verschwand in einem Laden für Haushaltswaren, kam 5 Minuten später wieder und sagte nur: „Ich kann gar nicht hinschauen, was der Mann da drin veranstaltet.“ Ich sollte doch jetzt bitte reingehen und weiter die Lage beobachten. Nach weiteren 10 Minuten war ich dann auch wieder draußen, die beiden ehemals schönen Messer in der Hand, den Tränen nahe. „Scheiß Idee“, mein Kommentar. Der Ladenbesitzer hatte es ja nur gut gemeint, aber vom Messer schleifen hatte er keine Ahnung, und so sahen diese jetzt halt auch aus. Hoffentlich finden wir irgendwann jemanden, der unsere Klingen wieder in Ordnung bringen kann. Frustriert fuhren wir zur Unterkunft. Am Anfang auch da die Stimmung uns Fahrradfahrern gegenüber eher kühl, im Laufe des Abends dann aber doch immer freundlicher bis hin zu supernett. Ein Italiener war uns besonders wohl gesonnen, schenkte uns Weintrauben und besorgte auch noch Einmal-Bettlacken für die Nacht. Bis auf fünf Betten war die Herberge voll belegt, aber fünf weitere Fahrradfahrer trudelten relativ spät noch ein. Wir wunderten uns, warum diese die Betten nicht direkt in Beschlag nahmen. Gegen 20:00 Uhr kam die Hospitalera, sammelte die Pässe und das Geld ein, dann begann eine Diskussion zwischen ihr und den spanischen Radfahrern. Wir verstanden nur „Bahnhof“! Die Jungs nahmen dann doch noch die 5 Betten, den eigentlichen Grund der Diskussion erfuhren wir den Tag darauf. Einer der fünf fragte uns dann allen Ernstes, ob unsere Rohloff-Nabe ein Hilfsmotor wäre. Wir klärten ihn auf, danach war er sehr ruhig.

Lorenzana nach Baamonde 29.09.2011
Vor 6:30 Uhr waren schon einige Pilger auf den Beinen, wir sieben Radfahrer die Letzten, die gegen 8:00 Uhr starteten. Die Spanier fragten uns, wie viele Kilometer wir fahren wollten, mehr als 70 Kilometer sollten es nicht werden. Baamonde hatten wir im „Blick“. Sie hatten wohl noch kein „Ziel vor Augen“ und wir verabschiedeten uns. Die Straßen wurden immer schlechter, die Handgelenke wurden wieder schwer beansprucht. Gegen 14:00 Uhr waren wir trotzdem schon da, wir steuerten die Bar an, Café trinken. Ein Gast erklärte uns, dass die Herberge direkt 2 Häuser weiter wäre, hatten wir glatt übersehen. Sehr schönes Haus, für 124 Pilger eingerichtet, letztendlich waren wir neun Gäste. Zwei Fußpilger, Patrick und Fabian, trafen wir dann in Santiago de Compostella wieder, und sieben Fahrrad-Pilger. Jeder der Gruppen hatte sein eigenes Zimmer, Luxus. Ja, und wer waren die anderen fünf Fahrrad-Pilger, unsere Spanier vom Vorabend. Sie kamen gefühlte 3 Stunden später als wir an, aber sie fuhren auch den Original Camino, den wir mit 50 Kilo Fahrradgewicht nicht befahren konnten. Na klar, und einem der Jungs war die Hinterachse an diesem Tag „flöten“ gegangen. Javier, der Schmalste und der Mechaniker der Truppe widerfuhr das Missgeschick, nur das geeignete Werkzeug hatte er nicht dabei. Wir konnten ihm letztendlich auch nicht helfen, aber als Spanier konnte er sich ja im Ort durchfragen und irgendwann hatte er die neue Achse eingebaut. Er fragte uns dann während unseres Essens, ob wir später noch in die Bar kommen würden, auf Spanisch, denn leider sprach er kein Englisch, aber die Gesten verstanden auch wir. In der Bar dann wurde es sehr lustig, das Bier schmeckte gut und wir verstanden uns prächtig Zum Glück fand die Konversation auf Englisch statt, Rafael und Antonio outeten sich. Antonio stellte mir dann eine ganz persönliche Frage, so drückte er es aus. „Wie kommt Ihr da drauf, so eine Reise zu machen?“ Ich antwortete brav und erzählte von unserer Idee und den Traum, den wir in die Tat umgesetzt hätten. Waldemar meinte danach nur ganz lakonisch: „Der Junge hat einen Narren an Dir gefressen”. Warum nicht, welche Frau fühlt sich nicht geschmeichelt, von einem 10 Jahre jüngeren Mann wahrgenommen zu werden? Gegen 22:00 Uhr verließen wir das Lokal, wir gingen ins Bett und die Jungs zum Dinner. Die Uhren hier ticken halt anders.

Baamonde nach Pedrouzo 30.09.2011
Fabian und Patrick, die beiden Fußpilger, waren früh, sehr früh auf den Beinen. 6:50 Uhr klopften sie bei uns an und verabschiedeten sich bis in ein paar Tagen, wo wir uns in Santiago wieder treffen wollten. Wir Radler starteten gegen 8:30 Uhr, alle zusammen, um nach 3km doch wieder getrennte Wege zu fahren. Die Spanier über „Stock und Stein“, wir brav auf den asphaltierten Straßen. Angeblich sollte die heutige Strecke ja ganz entspannt werden, laut Aussage von Rafael, ich war mir da allerdings nicht so sicher, nachdem ich mir am Vorabend das Streckenprofil nochmal angeschaut hatte. Leider stimmten die Angaben aus dem Buch, bis auf 600 Meter ging es hoch, eine Affenhitze und das nervigste überhaupt, an jedem Gehöft mindestens 2-3 Hunde, die auch immer brav anschlugen. Gegen Mittag dann wieder einer dieser Köter, zwar ziemlich klein, aber die Zähne spitz und Waldemar war sein „erklärtes Ziel“. Da hatte Hund aber nicht mit mir gerechnet, ich brüllte von hinten, was das „Zeug“ hielt, und das Mistvieh zog den Schwanz ein und verzog sich. Dann kamen wir nach Sobrayo de Monxes, machten Mittag und genossen den Ort und die sehr schöne Kirche. Danach wurden wir für unsere Anstrengungen am Vormittag belohnt, schöne Aussichten und tolle Abfahrten. Für den Abend hatten wir uns mit den fünf Hombres verabredet, in der städtischen Herberge von Pedrouzo. Rappel voll, aus allen Herren Ländern. Es ging wie in einem Bienenstock zu. Nicht viel später waren unsere Spanier auch da, duschen, „schön machen”, und ab in die nächste Bar. Cerveza, Cerveza, Cerveza, herrlich! Zum Glück hatten Waldemar und ich vorher schon Milchreis gegessen, denn bis 21:00 Uhr war es noch lang. Okay, also auf zum Essen, das erste Lokal sagte uns aber gar nicht zu: „Fastfood, bäh“! Jetzt waren wir in der Klemme, Klappe halten und innerlich schmollen, oder Klappe aufmachen, und vielleicht fünf Spanier vergraulen. Ich entschied mich für die zweite Version, und wurde nicht enttäuscht. Die Hombres sprangen sofort auf, und ein Restaurant mit Lokalessen wurde rasch gefunden. Glück gehabt. Das Essen war in Ordnung, der Wein schmeckte und eingeladen wurden wir auch noch. Wir bedankten uns herzlich, dann mussten wir rasch in die Herberge zurück, denn um 22:00 Uhr war „Schicht“. Zum Glück saßen noch etliche Pilger in der Küche, wir klopften ans Fenster und wurden rein gelassen. Herzliches Buenos Noches, bis zum nächsten Morgen in „alter Frische“. Wir verzogen uns ganz leise in unsere Kojen und hatten eine Horrornacht. 8 Mann, davon ein Schnarcher in „Perfektion“, 7 Pilger waren am nächsten Tag wie „gerädert“, einer stand auf und war topfit. Ungerecht! Ich suchte meine Lenkertasche mit unseren gesamten Wertsachen und fand sie nicht auf Anhieb. „Waldemar, hast Du die Tasche“? „Nein, wieso, Du hast sie doch mitgenommen“! „Sch.., ich weiß nicht, wo sie ist“! Ich war jetzt „putzmunter“ und alle Lampen standen auf Rot. Doch wenig später fand ich zum Glück die Tasche wieder, ich hatte diese im Gang, wo wirklich jeder langlief, stehen lassen. Oh Mann, das hätte auch anders ausgehen können, zum Glück war der gesamte Inhalt da und mir fielen mehrere „Steine“ vom Herzen.

Pedrouzo nach Santiago de Compostela 01.10.2011 - 03.10.2011
Der letzte Anstieg, nur 20km noch nach Santiago de Compostella, den wohl berühmtesten Wallfahrtsort in Spanien. Gegen 9:30 Uhr standen wir schon vor der Kathedrale, bis auf wenige Pilger der Platz davor noch leer, wir waren happy! Erinnerungsfoto, hinsetzen, Stimmung genießen, Pilger fielen teilweise zu Boden und auch Tränen kullerten. Je nachdem, wie viele Wochen oder sogar Monate einige unterwegs waren, um diesen Ort zu erreichen, gut für uns nach zu vollziehen. Nach diesen ersten Eindrücken fuhren wir zum Pilgerbüro und wollten unser Diplom in Empfang nehmen. Schlange stehen. Diejenigen, die ihre Urkunde erhalten hatten, kamen jubelnd wieder raus. Dann endlich durfte ich vorsprechen, die Dame sehr verbindlich, also legte ich brav von Waldemar und mir die Pilger- und Personalausweise vor. „So würde das nicht funktionieren“, mein Mann müsste persönlich vorsprechen, sonst könnte sie keine Compostella ausstellen, wurde mir erklärt. Meinen Einwand, das schließlich einer von uns auf die Räder aufpassen müsste, wurde nicht akzeptiert. Also, an der Warteschlange in Windeseile vorbei, wartenden Pilger zum auf passen auf die Räder „verdonnert“ und mit meinem Mann im Schlepptau wieder rauf. Passbild und Originalvergleich, jawohl, er war es, und schnell wieder runter zu unserem ganzen „Hab und Gut“. Jetzt musste ich nur noch ein Formular ausfüllen und den Grund unserer Pilgerreise ankreuzen. 3 Möglichkeiten hatte ich: Erstens aus religiösen Gründen zweitens aus teilweise religiösen uns spirituellen Gründen 3. aus nicht religiösen Gründen. Was tat ich, wahrheitsgemäß kreuzte ich die dritte Möglichkeit an. Falle!!! Jetzt sprach mich die Dame persönlich mit Vornamen an und machte mich darauf aufmerksam, dass der Camino de Santiago ein christlicher Weg wäre und ich mit dem Feld, was ich angekreuzt hätte, keine Compostella in Empfang nehmen könnte. Aber…, vielleicht könnte ich mich ja dazu entschließen, das Kreuz wieder durchzustreichen und die Spiritualität in Erwägung zu ziehen. Tat ich, dann durfte ich endlich unsere Pilgerdiplome in Empfang nehmen und bedankte mich ganz höflich. „Immer diese Umwege“! Wieder draußen, bestaunten wir das Dokument nochmal, und fuhren zurück zur Kathedrale, um unsere spanischen Freunde in Empfang zu nehmen. Wir warteten noch ein wenig, dann kamen sie angefahren und ein einstimmiges Hola folgte. Wir passten auf die Räder der Jungs auf und sie gingen zu Fuß weiter. Nachdem auch sie ihr „Diplom in der Tasche“ hatten, machten wir uns gemeinsam auf, das Knabeninternat aufzusuchen, wo sich in den oberen beiden Etagen die Albergue de Peligrinos befand. Natürlich auch hier wieder bergauf, nur über mehrere Stufen zu erreichen, doch die Jungs halfen fleißig mit, unsere Räder hoch zu wuchten, und waren danach umso platter. Oben angekommen, mussten wir noch bis 13:30 Uhr warten, um den Schlafsaal! betreten zu dürfen. Dritte Etage, jeder von uns nahm Gepäckstücke und astete hoch. Schnauf. Ein Riesenraum, zwar durch eine halbhohe Zwischenmauer geteilt, aber trotzdem sehr gewöhnungsbedürftig. Wir duschten schnell, verstauten die Taschen und gingen zusammen wieder zurück in die Altstadt, um die letzten Stunden vor dem Abflug der Hombres gemeinsam zu verbringen. Inzwischen war die Stadt voll, viele, viele Pilger und noch mehr Bustouristen. Wir suchten uns einen Platz aus, wo es Paella und andere gute Sachen gab und bekamen sogar noch einen Tisch, wo wir zusammen dran passten. Wir revanchierten uns für die Einladung vom Vortag und das Essen war sehr gut. Danach spendierte Antonio einen Teller mit Schokoladenkuchen, lecker. Wir schlenderten noch ein wenig rum, schauten uns das Jacobus - Tor der Kathedrale an, das nur im heiligen Jahr, immer wenn der 25 Juli auf einen Sonntag fällt, geöffnet wird. Rafael spielte Stadtführer und machte seine Sache wirklich gut. Nachmittags dann wieder Abschied, doch hoffentlich nicht für lange, denn die Einladung steht, in Marbella werden wir uns wiedersehen. Wir ließen den Abend geruhsam ausklingen. 2 volle Tage verbrachten wir noch in der Stadt, trafen Patrick und Fabian wieder, besuchten den Gottesdienst für die Pilger, der jeden Tag um 12:00 Uhr in der Kathedrale stattfindet und hielten uns vor allen Dingen in den Parkanlagen auf, denn es waren mittags um die 35 Grad in der Stadt, viel zu warm, um irgendwelche Dinge zu unternehmen. Die Busfahrt nach Finesterre verwarfen wir wieder, zu teuer, um dort nur ein paar Stunden zu verweilen. Am 2. Tag trafen wir auch zufällig unsere Fischköpfe wieder, zeigten Ihnen noch das Pilgerbüro, und verloren sie aus den Augen. Abends dann hatten wir ein unschönes Erlebnis. Hatten uns nachmittags noch darüber unterhalten, was wir am Abend essen wollten, der Kühlschrank war noch gut gefüllt und dementsprechend kauften wir nur noch ein paar Kleinigkeiten für den kommenden Tag ein. Im Hostel dann das böse Erwachen. Unsere gesamte Tüte mit allen Fressalien hatte sich wohl ein Anderer zu Gemüte geführt und wir machten lange Nasen, Mensch, war ich sauer und mein Liebster umso mehr. Zum Glück hatten wir ja noch die Reserve und so gab es halt die Sparversion. Ärgerlich, jetzt überlegen wir immer genau, ob wir unser Essen in den Kühlschrank stellen oder doch lieber bei uns behalten. Die Zeit war reif, wir wollten weg und taten es auch.

Santiago de Compostela nach Castro Dozon 04.10.2011
Hitze, Hitze …. Über 30 Grad ab 11:00 Uhr, der Weg beschwerlich und wir fragten uns allen Ernstes, was wir auf dem Asphalt zu suchen hatten. Nützte nichts, wir mussten weiter und kamen gegen 16:00 Uhr völlig aus ausgelaugt in Castro Dozon an. Fanden zum Glück auf Anhieb die Herberge, einige Pilger warteten schon und wir akklimatisierten uns erst mal. Es waren nette Pilger, nicht solche Stissel und auch viele Radfahrer. Wir bekamen alle unser Bett für die Nacht, ein schöne Küche mit den benötigten Utensilien gab es auch vor Ort und der Dorfmarkt hatte die Sachen, die wir brauchten. Unter anderem trafen wir 2 Schwestern aus der Schweiz und eine Amerikanerin aus Nevada. Sie bekamen unsere bisherigen Reiseerlebnisse mit. Daraufhin gaben uns die Schwestern noch mehr Tipps für die Überfahrt in die USA und Jean, die Amerikanerin gab uns ihre Adresse. Die Dinge fügen sich so langsam und wir sind gespannt, wie es weitergeht.

Castro Dozon nach Ourense 05.10.2011
Heiß, aber wir hatten für diesen Tag nicht viele Kilometer auf unserem Plan stehen. Ourense sollte unser Ziel sein, dort gibt es viele Thermalbäder, in denen müde Leute wie wir sich erholen können und einfach mal nichts machen. Gegen Mittag kamen wir schon an, fragten uns umständlich durch, um das Refugio zu finden und warteten geduldig bis ca. 14:00 Uhr, dass dieses endlich seine Pforten öffnete. Ein muffeliger Hospitalero kam an geschlurft, grüßte knapp und verschwand im Dunklem des Klosters. Ein Spanier, der auch schon gewartet hatte, ging hinterher, erledigte die organisatorischen Dinge und nachdem Waldemar sich nicht sicher war, ob er den Hospitalero richtig verstanden hatte, übersetzte der Spanier uns das Ganze nochmal. Wir hätten kein Recht, so früh anzukommen, denn wir wären Radpilger und diese hätten gefälligst erst um 16:00 Uhr, evtl. die Möglichkeit, einen Platz für die Nacht zu bekommen. Wir blieben höflich und fragten nach, ob es machbar wäre, unsere Sachen vor Ort zu lassen, um dann nach 16:00 Uhr wieder zu kommen. Klar könnten wir unsere Fahrräder und das Gepäck vor! dem Kloster stehen lassen, was würde es ihn kümmern. Dann kam der Satz, den wir so gar nicht verstanden: „Was suchen die eigentlich in Spanien, wenn sie eh kein spanisch sprechen!“ Nicht nett, wir waren abgenervt von dieser unverschämten Behandlung seitens eines Spaniers, der keine andere Sprache spricht als seine eigene. Wütend fuhren wir zum Touristikbüro, Waldemar beschwerte sich massiv und zum Glück konnte uns dieser nette Mensch weiterhelfen. Er besorgte uns eine Unterkunft für 25€, ganz in der Nähe einer Thermalquelle, so dass wir doch noch in diesen Genuss kamen. 90 Minuten durften wir uns dort erholen, tat das gut. Abends machten wir „kalte Küche“ und ließen den Tag nochmal Revue passieren.

Ourense nach Verin 06.10.2011
Die Hauptstrecke der Fußpilger vermieden wir, fuhren den Weg, den sonst nur ganz Wenige laufen oder fahren und hatten Glück. In Verin hatten wir eine ganze Pilgerherberge nur für uns alleine, sehr schön in einem Wappenhaus und kein blöder Hospitalerio weit und breit. Wir kochten in Ruhe, beobachteten die Bewohner des Ortes und tranken guten Café in der Bar gegenüber. Entschädigung für den Tag davor.

Verin nach A Gudina 07.10.2011
Gegen 8:15 Uhr war es noch recht frisch, das änderte sich aber schnell und wir schraubten uns immer höher bis auf 900 Meter. Heftig, heftig und in A Gudina hatten wir erst mal die Nase voll von Anstiegen. In einer Ferreteria, was eigentlich ein Eisenwarenhandel ist, bekamen wir unser Essen zu kaufen, machten einer Hausbewohnerin klar, dass wir gerne auf ihrer Bank essen wollten und genossen die Sonne. Der Wind war wieder unser Begleiter und er dreht auch hier wieder mächtig auf, natürlich von vorne, versteht sich. Nach einigem Hin und Her beschlossen wir, in A Gudina Halt zu machen. Die Herberge war nett, genügend Platz für uns und andere, mehr wollten wir doch gar nicht.

A Gudina nach Puebla de Sanabrias 08.10.2011
Gegen 8:00 Uhr ging es weiter, die langen Sachen hatten wir schon rausgesucht, denn in der Höhe war es arschkalt. 900 Meter über N.N. reichten noch nicht, wir kletterten an diesem Tag bis auf 1355 Meter und froren die ersten Kilometer richtig. Gegen Mittag kamen wir in dem altertümlichen Ort an und suchten das Touristikbüro auf. Im Castillo, oberhalb der Stadt fanden wir es. Wir befanden uns jetzt in der Provinz Castilla y Leon und brauchten neues Kartenmaterial und die Auskunft, wo sich die Privatherberge in diesem Ort befand. Nur eine spanisch sprechende Señora angetroffen, trotzdem die Dinge klären können. Zuerst mussten wir in eine Bar fahren, dort Bescheid geben und dann weiter zu der Unterkunft fahren, um Einlass gewährt zu bekommen. Klappte wie am Schnürchen, wir bekamen unseren nächsten Cello (Stempel) und die Herberge war top in Schuss. Wäsche waschen, duschen, zurück zu Fuß in die Altstadt, Tapas essen, Cerveza trinken und ein wenig in Kultur machen. Zurück zur Herberge, zwei Fußpilger und 3 Radpilger waren inzwischen noch eingetroffen. Ein Radpilger kam aus der Niederlande, war unter ähnlichen Umständen auf den Camino bzw. die Unterkünfte gestoßen und hatte auch so seine Erfahrungen mit nicht so freundlichen Spaniern gemacht. Der Mann spricht vier Sprachen, aber scheiterte schon mehrmals im Lande. Die Zeltplätze waren größtenteils geschlossen und frei campen kam für ihn nicht mehr in Frage, nachdem er böse Erfahrungen mit wilden Hunden hinter sich hatte. Wir gingen früh schlafen und zum Glück gab es warme Decken vor Ort.

Puebla de Sanabrias nach Zamora 09.10.2011 - 10.10.2011
Wir starteten bei Minusgraden. Brrrr. Langsam ging es wieder runter, wir fuhren knapp 120km an diesem Tag und kamen ziemlich fertig in Zamora an. Ich hatte Probleme mit dem linken Fuß, konnte kaum mehr laufen und war froh, angekommen zu sein. In der Albergue trafen wir eine super nette Hospitalera an, bekamen ein 4 Bettzimmer mit Bettwäsche, toller Küche und fühlten uns einfach wohl. Durchatmen, ausruhen, Eltern kontaktieren, köcheln, Fußmassage von Waldemar bekommen, Schmerzmittel eingeworfen, schlafen gegangen. Christina hatte uns angeboten, einen weiteren Tag zu bleiben. Wir nahmen die Einladung danken an und luden sie am Folgeabend zum Essen ein. Morgens gegen 8:00 Uhr mussten wir das Hostel verlassen, schauten uns zusammen mit Marie Therese, die das Zimmer mit uns teilte, diese wunderschöne Stadt an. Auf der dortigen Kathedrale hatten wir das große Glück, ganz viele Störche anzutreffen. Die in der Sonne, wir im Schatten. Wir froren bis Mittag gewaltig, dann durften auch wir uns in der Sonne erwärmen. Wir schauten uns an diesem Tag bestimmt 5 Kirchen an, gegen 13:00 Uhr durften wir zurück in die Herberge. Wir hatten Leckereien eingekauft, ruhten uns noch etwas aus, und gegen 20:00 Uhr trafen wir uns mit Christina in der Küche. Sie hatte extra noch eine Suppe a la Italia gekocht, fantastisch. Wir servierten Salat, Pasta und Zucchini in einer Sahnesauce, zum Nachtisch gab es Quitten-Gelee mit griechischen Joghurt. Christina hatte einen ähnlichen Humor wie Waldemar und zusammen waren sie ein unschlagbares Paar, was „dreckige” Witze betraf. Ich kam aus dem Lachen gar nicht mehr raus. Sie wird uns in unvergesslicher Erinnerung bleiben.

Zamora nach Salamanca 11.10.2011
Es war immer noch kalt, aber die Handschuhe mussten wir nicht wieder anziehen. Jedermann empfahl uns, nach Salamanca zu fahren und auch dort zu übernachten. Wir taten es, und waren gegen 12:30 Uhr schon da. Die Señora in dem Touristikbüro wies darauf hin, dass wir bis 13:00 Uhr unsere Sachen in der Herberge abgeben könnten. Schnell fuhren wir dort hin, die Tür ging auf und Francis, ein freiwilliger Hospitalero, der sich typisch französisch erst mal etwas zierte, ließ uns ein, holte dann seine Deutschkenntnisse heraus und ich wurde ziemlich schnell mit ihm „warm“. Wir wurden uns einig, lernten auch noch Hans, den zweiten Hospitalero kennen, konnten die Räder dalassen und uns in Ruhe die Stadt anschauen, bzw. uns um unser leibliche Wohl kümmern. Er empfahl uns eine einfache Bar, etwas außerhalb der Altstadt und wir fanden die dortigen Tapas sehr gut und preiswert. In der Mittagshitze schauten wir uns dann noch ein paar alte Gemäuer an, viele Touristen und noch mehr Sprachstudenten. Gegen 16:00 Uhr trudelten wir wieder in der Herberge ein, lernten Christina aus Berlin, Andrea und Christian aus Eisenach, beide seit 2 1/2 Jahren unterwegs, und wieder eine nette Schweizerin kennen. Mehrere Spanier waren auch da, die sich nach einer Weile bitterlichst bei Francis und Hans beschwerten, dass sie wohl eindeutig benachteiligt würden. Verstanden wir zwar gar nicht, aber was sollte es. Wir bekamen Einzelhaft in einem separaten Raum, hatte ich wohl Francis zu verdanken, dann gab es kalte Küche und nochmal ging es zurück zu den alten Gemäuern und Plazas. Wer nach Salamanca möchte, sollte sich mehrere Tage Zeit nehmen, denn es gibt viel zu sehen, für einen Nachmittag leider zu viel, um alles erfassen zu können. Um 22:00 Uhr mussten wir zurück sein, trafen schon etwas früher ein, plauschten noch ein wenig und gingen brav zu Bett.

Salamanca nach Calzada de Béjar 12.10.2011
Vor 8:00 Uhr wurden wir schon mehr oder minder auf die Straße gesetzt, schnell noch ein Foto, und weiter Richtung Süden. Aus dem Gebirge raus, bruzzelte die Sonne gnadenlos auf uns nieder. Das nächste Ziel lag ab von unserem Weg, 5km bergab, den wir am nächsten Tag aber wieder rauf mussten, so ein Mist. Was sollten wir machen, der nächste mögliche Schlafplatz 20km entfernt, also in den sauren Apfel beißen und runter. 84 Seelen zählte der Ort, der Hausherr wollte statt den 14€, die in unserer Pilgerbibel ausgewiesen waren, 20€ sehen. Was sollte es, Augen zu und durch. 3 Fußpilger verliefen sich an diesem Tag noch dorthin. Wir verbrachten eine ruhige Nacht, nur der Haushund, so klein wie er war, bellte sich bis Mitternacht noch die Seele aus dem Leib.

Calzada de Béjar nach Grimaldo 13.10.2011
Ein Berg, ein Berg, was ist es schön am frühen Morgen. Danach wurde es gemäßigter und bis Mittag ging alles gut. In Plasencia wollten wir die Mittagshitze abwarten, statt 2 Stunden blieben wir 4 Stunden in der Stadt unter schattigen Bäumen und hofften auf Abkühlung. Gegen 16:00 Uhr fuhren wir los, holten uns unterwegs noch ein kühles Wasser an einer Tankstelle und schafften die knapp 100km bis Grimaldo. Die Herberge winzig klein, aber in Ordnung, die Bar nebenan bot ein Pilgermenu für den Abend an, das wir dankend annahmen.